Konfliktkultur: Respektlosigkeit - Von der Entweihung des Heiligen
„Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perle nicht den Schweinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen.“
(Mt 7,6)
Evangelium:
Die Entweihung des Heiligen (Mt 7, 6)
Kann man – im Sinn einer christlichen Konfliktkultur – etwas mit dieser Bibelstelle anfangen? Es wäre fast leicht, wenn man die Hunde und Schweine benennen könnte, denen man nichts Wertvolles anvertrauen darf. Sicher gibt es Menschen, denen man nicht trauen darf, und ihnen etwas Wertvolles anzuvertrauen wäre ganz einfach dumm. Denn sie machen damit, was sie wollen, nicht, wozu das Wertvolle eigentlich da ist. Solche Menschen lassen sich von nichts beeindrucken und haben nur ihre eigenen Vorstellungen im Kopf, die ziemlich beschränkt sein könnten.
Das Bild von (streunenden) Hunden und von Schweinen ist stark, aber es ist ein Bild. Bleiben wir zunächst dabei.
Hunde und Schweine gelten als unrein. Man meidet und verachtet sie. Es ist eine schlimme Vorstellung, dass sie etwas Wertvolles finden und praktisch vernichten.
Aber auch Schweine suchen Futter. Eigentlich wollen sie gar keine Perlen, keinen Schatz, sondern etwas zum Fressen. Wenn sie dabei mehr oder weniger zufällig auf etwas Wertvolles stoßen, können sie damit nichts anfangen. Im Sinn ihrer ursprünglichen Absicht (Fressen) missbrauchen sie dies, vielleicht ohne sich dessen bewusst zu sein. Man kann auch an Bert Brecht denken – „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ – und es in diesem Zusammenhang so verstehen: Erst geht es ums Überleben, um das Lebensnotwendige, und danach hat man erst die Kraft, sich zivilisiert zu verhalten.
Das Bild steigert sich noch. Denn wenn diese Tiere erkennen, dass man ihnen kein Futter gibt, dann werden sie sogar gefährlich und aggressiv. Sie brauchen eben Futter und nichts anderes.
Auch Hunde und Schweine sind Geschöpfe Gottes. Reinheits- und Unreinheitsvorstellungen hat Jesus auf den Kopf gestellt. Also so verächtlich sind diese Tiere gar nicht wie das Bild bei einem ersten Eindruck dieser Bibelstelle nahelegt.
Allzu schnell ist man versucht, das Bild von den Hunden und Schweinen auf Menschen zu übertragen, die das Wertvolle nicht zu schätzen wissen und das Wertvolle kaputt machen. Vielleicht hat man sogar Situationen erlebt, in denen man an diese Bibelstelle gedacht hat, wenn man mit Personen zu tun gehabt hatte, die alles verachtet und lächerlich gemacht haben, was einem wertvoll und wichtig war, die Kostbares quasi mit Füßen getreten haben… Hier kann man zur Schlussfolgerung kommen: Mit solchen Personen will ich nichts zu tun haben. Sie sind es nicht wert, sie sind nicht würdig … Es wäre dumm, ihnen den Glauben anbieten zu wollen. Besser sie bleiben weg, bevor sie stören…
Aber kann das stimmen? Sind nicht alle Menschen Geschöpfe Gottes und von Gott gewollt und geliebt? Vielleicht brauchen sie etwas anderes und nicht unbedingt Perlen und Schätze, sondern etwas, was ihrer Lebenssituation näher ist? Und mit diesem Gedanken kann ich über das Bild dieser Bibelstelle hinausgehen. Es geht nicht um (konkrete) Personen, sondern um Situationen. Denn es passt ja nicht, jemandem etwas Wertvolles (den „Glauben“) vermitteln zu wollen, wenn jemand etwas konkret Existenzielles benötigt: Hilfe, Beistand, Nahrung, Obdach. Also: Man muss genau auf die Situation schauen, auf die Lebenssituation der Menschen, denen man begegnet. Natürlich würde man ihnen gerne Wertvolles anbieten, aber nicht hier und jetzt. Zunächst noch nicht. Denn sie haben erst etwas davon, wenn sie es zu schätzen wissen, wenn sie erfahren und erkennen, was diese Perlen, was dieser Schatz wirklich ist und was das dann noch einmal für ihr Leben bedeutet und es bereichern kann.
Konfliktkultur: Erwartungen - Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg
„Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.“ (Mt 20,10)
Evangelium:
Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-15)
Der Herr im Weinberg, der in diesem Gleichnis die Großzügigkeit Gottes repräsentiert, gibt den Arbeitern, „was recht ist“ (Mt 20,4). Wieder einmal steht das menschliche mit dem göttlichen Gerechtigkeitsgefühl nicht in Einklang.
Die Situation ist klar, die Erzählung hinlänglich bekannt, sodass ein Blick im Sinn einer christlichen Konfliktkultur auf die Diskussion des Gutsbesitzers mit den länger dienenden Arbeitern beschränkt bleiben kann. Ihr Anliegen ist psychologisch ebenso verständlich wie juristisch haltlos. Man muss ihnen keinen Neid unterstellen (bei einigen mag dies zutreffen: Mt 20,18), aber das großzügige Handeln des Gutsbesitzers gegenüber den kürzer Arbeitenden hat Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden.
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur sind mehrere Dinge bemerkenswert. Zuerst scheint der Lohn von einem Denar für die Tagelöhner gut bemessen zu sein. Das reicht für´s erste wieder einmal zum Leben. Wenn daher der Gutsherr diese soziale Komponente im Blick hat, gönnt er jedem dieses Bewusstsein, momentan finanziell über Wasser zu sein. Bei einer genaueren Kalkulation eines Stundenlohns (gemessen an einem Denar pro Tag) könnte für die letzten eine Summe herauskommen, die für kaum etwas reicht. Das wäre zwar besser als gar nichts, aber die Enttäuschung der Familien über den schlechten Tag des Arbeiters würde diesen am Abend empfangen, die Angst vor einem weiteren finanziellen Misserfolg würde sie den ganzen nächsten Tag begleiten. Vielleicht gönnt der Gutsbesitzer ein Stück kleines Glück, ein bisschen Freude, das die von Anfang an Arbeitenden schon den ganzen Tag irgendwie vorweg begleitet hat. Sie hatten gewiss genug Last und Hitze zu ertragen, aber sie hatten auch Anteil am Sinn der Arbeit während des ganzen Tages (als Verdienst des Lebensunterhaltes), während bei den noch Wartenden Stunden der Sinnlosigkeit, des Gefühls, unnütz zu sein, der Sorge usw. zwischen den Fingern zerrannen. Wer die Last der Arbeitslosigkeit kennt, wird dies gut verstehen.
Und da schließt die Frage an, wieweit es Christen bzw. der Kirche möglich ist, Menschen Arbeit zu geben, die einerseits gebraucht wird, andererseits bezahlbar ist. Oder im übertragenen Sinn: Wo warten Menschen förmlich darauf, dass man sie engagiert und ihnen eine sinnerfüllte Tätigkeit ermöglicht? Wo findet man die „Wartenden“, die momentan nichts mit sich anzufangen wissen, denen man vielleicht mit einer Großzügigkeit begegnen muss, die andere nicht verstehen können? Nebenbei bemerkt: Der Lohn kann gar nicht gerecht nach Stunden aufgeteilt werden. Geschickte arbeiten in kürzerer Zeit mehr als Ungeschickte länger, Fleißige mehr als Faule usw. Dazwischen brauchen die länger Arbeitenden Pausen. Das kann niemand ganz genau stoppen, und wo das doch geschieht (an den Fließbändern der Fabriken?) ist Arbeit wirklich ein Stück Entfremdung. Für eine christliche Sicht bedeutet dies, dass der ganze Mensch im Blick sein und großzügig und gerecht behandelt werden soll.
Ein zweites: Das „Murren“ erinnert an die Unzufriedenheit des Volkes Israel auf dem Weg durch die Wüste unter der Führung Mose (Ex 13,24; 16,2-12; Num 14,2. 27.29.36; 16,11; 17,6; Dtn 1,27; Ps 106,25). Murren ist etwas Unnützes (Weish 1,11), eine unangenehme Begleiterscheinung bei etwas, das man ohnehin zu tun hat (Phil 2,14; 1 Petr, 4,9), Murren ändert nichts. Man macht sich nicht einmal Luft damit, sondern frisst die Unzufriedenheit in sich hinein und zieht andere mit. Dieses Murren muss vom Herrn angesprochen werden. Sonst verfestigt es sich zu einer unguten Atmosphäre, die belastend bleibt. Es ist wichtig, dass der Gutsbesitzer mit den Arbeitern darüber spricht und die Situation klärt. Es ist ihm nicht zu gering, sich darauf einzulassen.
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur kann dies bedeuten, dass auch auf die murrenden Stimmen eizugehen ist. Sie dürfen nicht einfach überhört werden, auch wenn sie lästig und unwichtig sind. Das Gespräch soll gesucht werden.
Und dieses Gespräch ist der nächste Aspekt unserer Betrachtung. Hier kommen alle Argumente der einzelnen Parteien offen zur Sprache. Der Gutsherr nimmt den Vorwurf der Arbeiter ernst, er erklärt seinen Standpunkt, verweist auf die geltenden Abmachungen und auf seine Entscheidungsbefugnis über die Angelegenheit. Er spricht einsichtig, klar und hinterfragt sogar die Motive des Murrens. Bemerkenswert ist die Anrede „mein Freund“ (Mt 20,13) an den Sprecher der unzufriedenen Arbeiter. Wenn diese Anrede nicht bloß beschwichtigend, rhetorisch oder sarkastisch sein soll, ist an diesem Tag der Zusammenarbeit eine Beziehung entstanden, die über ein bloßes Arbeitsverhältnis hinausgeht. Vielleicht ist der Gutsherr selbst deshalb ein wenig enttäuscht, wenn er seine Großzügigkeit mit der Kleinlichkeit der Murrenden vergleicht (vgl. Mt 18,23-35: das Gleichnis vom unbarmherzigen Gläubiger).
Aus diesem Gespräch kann eine christliche Konfliktkultur viel lernen. Der „Höhere“ ist in all seinen Worten und Taten klar und steht zu seiner Position. Er gibt keine Privilegien an die länger Dienenden, die glauben, eines im Vergleich zu den Neuen verdient zu haben. Nein, in christlichem Sinn wird kein Unterschied in der Bewertung der Arbeit einer Person gemacht. Wie lange jemand da ist, wieviele Dienste er erworben hat, spielt keine Rolle. (Dank soll er immer erfahren!) Es ist dem Neuen zuzugestehen, dass er ebenfalls sein Bestes gibt und das ihm überantwortete Werk tut. Kein lang Dienender soll daher neidisch über das einem Neuen geschenkte Vertrauen sein – oder Ähnliches.
Es macht Freude, diese Bibelstelle zu betrachten. Der angesprochene Konflikt hält sich von vornhinein in Grenzen und kann gut gelöst werden. Die Nuancen dieser Lösung eröffnen einen feinen Blick für eine christliche Konfliktkultur als Teil der Frohen Botschaft.
Konfliktkultur: Gerede - Rechenschaft über jedes unnütze Wort
„Ich sage euch: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen.“ (Mt 12,36)
Evangelium:
Rechenschaft über jedes unnütze Wort (Mt 12, 36-37)
Diese konkrete Mahnung erteilt Jesus während einer Verteidigungsrede gegen dumme Anschuldigungen von Seiten der Pharisäer. In der beschriebenen Situation sind die vorgebrachten Beschuldigungen wirklich allzu ärgerlich, weil offensichtlich blödsinnig. Man fragt sich, wieso die Pharisäer selbst nicht bemerken, welchen Unsinn sie reden. Aber sie sind für ihre eigene Dummheit blind. Aufgrund ihrer Vorurteile sind sie darauf fixiert, dass jemand, der einen anderen Weg der Verkündigung Gottes geht, abgelehnt werden muss.
Bei anderen Gelegenheiten wirft Jesus den Pharisäern vor, den Menschen mit Vorschriften unnötige Lasten aufzulegen (Mt 23,3-4; Lk 11,46); dass es ihnen um äußeres Ansehen und nicht um den Dienst an den Menschen geht (Mt 23,5-12; Mk 12,38-40; Lk 11,43; 20,46); dass sie das Himmelreich für die Menschen verschließen (Mt 23,13; Lk 11,52); dass der von ihnen verkündete Glaube die Menschen verdirbt (Mt 23,15); dass sie Spitzfindigkeiten mit einem Eid betreiben (Mt 23,16-21); dass sie über ihre Opfer und ihre Aktivitäten Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue vergessen, also das, worauf es wirklich ankommt (Mt 23,23; Lk 11,42) usw. Die Vorwürfe gegen die Pharisäer haben alle etwas mit ihrer Verkündigung und deren Stil zu tun. Hier gibt es viel Unnützes und sogar Schädliches. Nicht alles hat schlimme Folgen und, – das muss man den Pharisäern zugestehen –, es geschieht aus verständlichen Motiven:
- Das „Auflegen von Lasten“ mag geschehen, weil nach ihrer Erkenntnis dieses Tragen für einen vor Gott guten Lebensweg angemessen ist. Aber sie haben den konkreten Menschen aus dem Blick verloren“
- Das Streben nach äußerem Ansehen mag neben der Befriedigung des Bedürfnisses nach Anerkennung auch im Sinn einer Art missionarischen Vorbildfunktion verstanden werden – ein Pharisäer stellt sich der Öffentlichkeit! Indem er Beachtung findet, kann er auch seiner Botschaft von Gott Beachtung ermöglichen.
- Wenn sie das Himmelreich verschließen, so verstellen sie den Zugang. Es geht ihnen um alles Mögliche, auch um wichtige Dinge, aber sie kommen nicht mehr dazu, von Gott und dem Aufbau seines Reiches zu sprechen und Menschen einen Weg zu eröffnen. Und sie beschäftigen sich mit interessanten Diskussionen, vielleicht sogar über Glaubensfragen, nur Gott selbst wird dabei de facto vergessen.
- Das Gewinnen eines Gläubigen nach pharisäischen Maßstäben lässt sie die vielen Menschen übersehen, die nicht geordnet und angepasst ihr Leben gestalten. Die Pharisäer vermitteln weiters ihre Enge, ihre Oberflächlichkeit, ihre Vorurteile, ihre Methode und bringen ihre „Nachfolger“ dazu, in einer abgekapselten Denkwelt erstarrt zu denken und zu handeln. Es geht nicht um die Lebenswelt der Menschen, der man nicht mehr begegnet.
- Die Spitzfindigkeiten einer Eidesformel sind uns heute fremd. Aber das Verhalten der Pharisäer legt die Vermutung nahe, dass sie sich bestimmter Sprachformen bedienen, die ihnen die Möglichkeit geben, die Verbindlichkeit ihrer Worte quasi willkürlich festzulegen. Worauf man sich wirklich verlassen kann, ist dann nur Eingeweihten erkenntlich. Das ist ein Missbrauch der Sprache und macht Gespräche zu Wortspielen.
- Schließlich ist klar, dass Betonung von zweitrangigen Dingen bei gleichzeitigem Vergessen des Wesentlichen ein Irrweg ist. Obwohl der Pharisäer theoretisch sicher von der Wichtigkeit von Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue überzeugt waren und dieses ihrer Selbsteinschätzung nach hochgehalten haben, war ihr wirkliches Tun anders, weil sie die Dinge nicht im Geist Gottes zu sehen versucht haben. Und genau das macht dieses Tun vor Gott unnütz und ärgerlich.
Mit dem Blick auf eine christliche Konfliktkultur empfiehlt sich das Ernst-Nehmen von Mt 12,36 und das selbstkritische Hinterfragen der eigenen Sprachgewohnheiten. Was wird unnütz in dem Sinn geredet, dass es eigentlich Schaden bringt? Wieviel Polemik, Witz auf Kosten anderer, weil sie lächerlich gemacht werden, sollte besser unterlassen werden? Welche interessanten, aber im Sinn Gottes überflüssigen Themen binden Kräfte und Gedanken, die so für den Aufbau des Reiches Gottes verloren gehen? Welche Vorschriften und Schubladisierungen entsprechen eigenen Projektionen und Vorstellungen, vergessen aber, den Menschen in seinem Wert vor dem Angesicht Gottes zu suchen?
Es geht nicht bloß um Rhetorik, Gesprächsregeln und Stil, sondern um Kommunikationsformen, die aus einem geistlichen Streben heraus erwachsen müssen. Ohne regelmäßiges Überprüfen der eigenen Begegnungen und Worte in einer Gewissenserforschung, die immer sensibler und feinfühliger macht, kann das Maß an unnützer Rede nie kleiner werden. Verärgerungen, Zeitverschwendung und Gesprächsmüdigkeit sind dann die geringsten Konsequenzen von Sprach-Sünden.
Konfliktkultur: Verdächtigungen - Jesus beim Mahl mit den Zöllnern
„Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten.“ (Lk 5,32)
Evangelium:
Jesus hält Mahl mit Zöllnern (Mt 9,9-13, Mk 2,15-17, Lk 5,27-32)
Jesus hält Mahl mit Zöllnern und Sündern – und sofort geht das Gerede los. Jesus spricht mit Außenseitern, ungeliebten und unliebsamen Personen, mit „den anderen“ und wird sogleich zumindest schief angesehen. Von diesem Kontakt bleibt etwas an ihm hängen. Es wird getuschelt, was er denn mit diesen gemeinsam habe, ein Karussell der Vermutungen, der Verdächtigungen und der Gerüchte kann beginnen.
In der hier beschriebenen Situation hat es Jesus relativ leicht, da ihm bzw. seinen Jüngern eine direkte und klare Antwort auf offen ausgesprochene Vorwürfe möglich ist. Außerdem ist offensichtlich, dass Jesus in diese Gesellschaft hineingerutscht ist, weil sein neuer Jünger – Levi bzw. Matthias – eben diese Gäste geladen hat.
Die Rollen sind eindeutig: die Zöllner wissen, dass sie unbeliebte Zöllner sind, die Sünder wissen ebenfalls um ihren Ruf. Jeder kennt seinen Platz in der Gesellschaft und in den Augen der anderen. Und da man „nebeneinander“ lebt, gibt es praktisch keine Berührungen und deshalb auch keine Konflikte auf dieser Ebene.
Eine christliche Konfliktkultur kann zunächst eine Konfliktvermeidungsstrategie herauslesen: die Rollen sollen eindeutig sein.
Für den „Seelsorger“ ist das klar: Da begegnet man den Gemeindemitgliedern, den Kranken, einigen Außenseitern usw. Auch im Laienapostolat sind die Rollen klar definiert: Der „Laienapostel“ bezeugt das Evangelium an seinem Arbeitsplatz, an seinem Wohnort usw. Aber wo jemand „Mensch unter Menschen“ ist, verschwinden die Rollen. Und so „normal“ das eigentlich ist, kann dies problematisch werden. Es gibt Begegnungen, mit denen man sich Verdächtigungen aussetzt, obwohl man bei diesem Kontakt sehr genau unterscheidet zwischen einer grundsätzlichen Wertschätzung des anderen als Menschen und seinem – vielleicht tatsächlich – problematischen Gehabe.
Im innerkirchlichen Bereich scheint eines der schlimmsten Dinge der Kontakt zu kirchlich Andersdenkenden zu sein: zu vermeintlichen oder wirklichen „Fundamentalisten“, „Progressiven“, „Liberalen“, „Konservativen“, zu jenen, die „ein anderes Kirchenbild haben“, usw. Wenn dann jemand nicht schon „über den Dingen“ steht, beginnen Unterstellungen, Verdächtigungen und Gerüchte. Das Nicht-abgrenzen, der Versuch, ein Gespräch zu führen, sogar das Verweigern der Zustimmung zu abwertenden Reden über „die anderen“ gilt als verdächtig… Denn manche differenzieren nicht zwischen der Wertschätzung einem Mitmenschen gegenüber, den Versuchen einer Vermittlung, dem Bemühen um Verständnis, dem Einnehmen einer anderen Sichtweise und einer „Anhängerschaft“.
Wer zu einem „innerkirchlichen Unbeliebten“ steht, egal aus welchen, vielleicht auch nur mitmenschlichen Gründen, macht sich selbst unbeliebt. – Im Vergleich dazu scheint heute der Kontakt mit – friedlichen – Atheisten oder mit Außenseitern der Gesellschaft unverdächtig, sogar anerkannt zu sein. Aber hier sind die Rollen eben klar.
Dennoch muss im Sinn einer christlichen Konfliktkultur das Vermeiden von Gerede, vorschnellen Beurteilungen, Verdächtigungen und Gerüchten eingemahnt werden. Eine Klärung ist nur selten möglich, weil ja vieles „hintenherum“ gesprochen wird. Das zeugt von mangelndem Vertrauen bzw. von Berührungsängsten und vergiftet die Atmosphäre. Allerdings widersprechen solche Bedenken und Ängste in Bezug auf den Kontakt und das Gespräch mit „andersdenkenden Christen“ dem Geist des Evangeliums, und ebenso die Weitergabe von Gerede, von Vorurteilen und von Gerüchten.
Konfliktkultur: Irrwege - Warnung vor Irrlehren
„Er antwortete: Gebt acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es!, und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach!“ (Lk 21,8)
Die kurzen Warnungen vor Irrlehren weisen bei den Evangelisten unterschiedliche Nuancen auf, die ihrer Zielgruppe entsprechen.
Bei Markus berufen sich die Irrlehrer auf ein persönliches Sendungsbewusstsein im Namen Gottes („ich bin es“), was dem Gottesnamen Jahwe entspricht.
Matthäus nimmt einen Gedanken in den Versen 23-24 nochmals auf und erweitert ihn. Hier gibt es Menschen, die jemanden als Messias bzw. Prophet bezeichnen. Wer diese Hinweisenden sind, geht nicht genauer hervor. Das können alle sein: Christen, Andersgläubige, Medien usw., die eine solche Person überall zu sehen meinen. Es wird von beeindruckenden Zeichen und Wundern durch diesen falschen Messias und Propheten berichtet. Natürlich weckt das Bewunderung und lässt Fans gewinnen. Das soll dann eine solche Begeisterung erzeugen, dass sogar Christen von dort her eine Lebensorientierung erwarten, die allerdings irreführend ist. – Interessant ist, dass sich kein Hinweis auf die Botschaft dieser Irrlehren bezieht. Wahrscheinlich ist sie auf den ersten Blick beeindruckend, beim genaueren, nüchternen und wachsamen Hinsehen aber nicht mehr. Oder doch? – Vermutlich sind beim Durchdenken die Widersprüche zu Jesus erkennbar, was allerdings die Bereitschaft, die Fähigkeit und die Möglichkeit dafür voraussetzt.
Bei Lukas treten die Irrlehrer im Namen Jesu auf und berufen sich auf Gott. Sogar der erste Satz der öffentlichen Verkündigung Jesu wird in den Mund genommen: „Die Zeit ist da“ (vgl. Mk 1,15).
Wen rüttelt ein solcher Predigtanfang nicht auf? Die Zeit ist da. Welche Zeit und woran ist sie zu erkennen?
Die seit dem 2. Vatikanischen Konzil berühmten „Zeichen der Zeit“ (Gaudium et Spes 4, 11; Presbyterium Ordinis 9, Apostolicam Actuositatem 14; Unitatis Redintegratio 4) sind von Modeerscheinungen zu unterscheiden. Dazu ist die Gabe der Unterscheidung der Geister (vgl. 1 Kor 10,12) mit einem vom ganzen Evangelium geleiteten Blick auf die Gegenwart nötig.
Nicht jede Zeiterscheinung ist ein theologisch relevantes und auf den Plan Gottes zurückzuführendes Zeichen der Zeit. Auch bei einer Beobachtung der allgemeinen Gesellschaftsentwicklung ist zu hinterfragen, ob hier Zeichen sichtbar werden, die im Sinn der fortschreitenden Offenbarung Gottes etwas sagen oder ob hier (nur) das Material betrachtet wird, aus dem heutige Lebens- und Weltgestaltung vorrangig gebaut wird. Letzteres kann nicht genug beachtet werden. Jedoch das christliche Handeln muss einer dazwischenliegenden Deutung im Sinn des Evangeliums und somit Kriterien des Glaubens folgen, die über die Schlussfolgerungen der Soziologie hinausgehen.
Unterschiedliche Schlüsse von Christen sollen einander helfen, gemeinsam zu tiefer Erkenntnis zu gelangen. Die Ungleichzeitigkeit der Gegenwart kann sogar heißen, dass ein Zeichen der Zeit von wirklicher lokaler Bedeutung ist; anderswo jedoch nicht, weil die Uhren anders gehen. Eine Vereinheitlichung ist nicht angebracht, wohl aber eine Pluralität, die sich in einer großen Gemeinsamkeit zutiefst verbunden weiß und in ihrer Vielfalt im Innersten stets zur Einheit strebt.
Die Zeit ist da – das kann auch so gemeint sein: Es ist genug, es reicht, jetzt ist der Tropfen gefallen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Wenn Jesus von der Zeit spricht, die erfüllt ist (Mk 1,15), von der heutigen Erfüllung der Verheißungen (Lk 4,21), von seiner Stunde (Joh 17,1), meint er etwas anderes; die Zeit des Heils, die Stunde der Verherrlichung, das Offenbar-Werden derer, die von Gott gesandt sind.
Damit zeichnet sich ein Kriterium der Unterscheidung zwischen wahrer und irreführender Verkündigung ab. Die Haltung „es reicht“ mag menschlich verständlich sein, ist aber – außer in prophetischer Rede (Wer ist ein Prophet?) – ein falscher Ansatzpunkt für christliches Handeln, für christliche Reformen. Die Reaktion auf eine solche Motivation ist ja stark von Gereiztheit getragen, die kaum mit dem Heiligen Geist in Einklang steht. Die wahre prophetische Begabung eines Mitglieds des Volkes Gottes zeigt sich, wenn in seiner Zeitanalyse ein Weg für das Heil sichtbarer wird und die entsprechenden Früchte dominieren (Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung, Selbstlosigkeit, Engagement, Rücksicht usw. – vgl. Gal 5,22-23).
Eine christliche Konfliktkultur muss bemüht sein, diese Unterscheidungen zu treffen, und in aller Wahrung der Höflichkeit und im Suchen des Gemeinsamen Irriges zu erkennen und dem nicht zu folgen. Auffallend ist, dass die Irrlehrer an dieser Stelle nicht ausdrücklich verurteilt werden. Zwar ist die Beschreibung des Matthäus „falsche Propheten“ eindeutig, aber dieses Problem steht im konkreten Gemeindebezug der neutestamentlichen Briefliteratur mehr im Vordergrund. Ein dortiges Weiterlesen ist daher zu empfehlen (z.B. Kol 2,8-23; 2 Petr 2,1-22; Jud 3-16; 2 Tim 2,14-26; Tit 1,10-16; 1 Joh 2,18-27; 2 Joh 7-11).
Konfliktkultur: Verführung - Wehe, wenn jemand einen zum Bösen verführt!
„Er sagte zu seinen Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Verführungen kommen. Aber wehe dem, der sie verschuldet.“ (Lk 17,1)
Evangelium:
Warnung vor Verführung (Mt 18,6-7; Mk 9,42; Lk 17,1-2)
Hier ist (vom griechischen Text her) von einem „Skandal“ die Rede. Ein Skandal ist wie ein Stein, über den man stolpert, über den man hinwegstürzt und über den man zu Fall kommt. Ein Skandal bringt jemanden zum „Fallen“.
Der in dieser Bibelstelle angesprochene Skandal wird durch einen Abfall vom Glauben hervorgerufen. Ein Abfall vom Glauben liegt in jedem Tun des Bösen, eigentlich schon in jeder Verführung zum Bösen, denn das ist ein Handeln gegen den Willen Gottes.
Jesus bezeichnet die Gläubigen als die „Kleinen“, die sich vor Gott bedürftig und zum Wachstum berufen wissen. Sie müssen geschützt werden, weil ihre Abwehrkräfte noch schwach sind. Sie sind als Mitmenschen in einer nicht immer nach dem Evangelium lebenden Umgebung verwundbar und beeinflussbar. Man kann ihnen sogar so stark und raffiniert zusetzen, dass sie vom Glauben ablassen.
Warum muss es diese Verführung zum Bösen geben? Von Gott her ist es kein „Muss“, denn er verführt nicht. Er stellt die Menschen nicht auf die Probe, aber die Geschichte zwischen Gott und der Welt ist getrübt von der Ablehnung Gottes durch die Menschen. Das zieht Kreise, errichtet eine Atmosphäre der Entfremdung, baut Strukturen der Sünde auf usw. Darin ist der Mensch gottes- und menschenfeindlichen Einflüssen ausgesetzt. Dem kann er nicht immer widerstehen. Nicht alle sind Helden, nicht alle sind so tief im Glauben verwurzelt, dass sie standhalten könnten.
Jesus klagt nicht Umstände oder Strukturen an, sondern konkrete Menschen, die das Böse fördern, in welchen Situationen und Positionen auch immer. Kein Kollektiv entschuldigt die Verantwortung des Einzelnen. „Mildernde Umstände“ beim Tun des Bösen bleiben Gott überlassen. Sie entziehen sich menschlicher Beurteilung, sosehr man sich um deren angemessene Beachtung bemühen sollte.
Es ist eine Verführung durch „die Welt“, die im Gegensatz zu den Grundregeln des Lebens in der Gemeinde (Mt 18) denkt und handelt. Diese „Welt“ existiert auch in der Gemeinschaft der Gläubigen. Das ist keine bloß lästige und ärgerliche Gegebenheit auf dem Weg der Wahrheit und der Vollkommenheit, sondern eine Grundbefindlichkeit der Kirche als Kirche der Sünder, die allerdings zur Heilung und zur Heiligkeit berufen ist.
Jesus unterscheidet zwischen Verführtem und Verführer. Der Verführte/Verirrte kann mit der Anteilnahme, den Bemühungen und der Vergebung der Mitchristen rechnen, die ihm zum Guten helfen wollen (vgl. Mt 18,12-35; Lk 15,4-7). Der Verführer hingegen, der sich in den Dienst einer bösen Sache gestellt hat, wird die Tragweite seines Tuns zu spüren bekommen. Als einer, der nicht liebt, ist er eigentlich „tot“. Darin schließt das in der Heiligen Schrift beschriebene Bild vom Mühlstein um den Hals und das Versenken im Meer an. Es wäre besser, das irdische Leben zu verlieren als das ewige (Mk 8,35-36; Mt 16,25-26; Lk 9,24-25). Es wäre besser, unter persönlichen Nachteilen das Böse abzuwehren als ihm wegen kurzfristiger Vorteile nachzugeben (vgl. Mt 18,8-9; Mk 9,47; Mt 25, 46),
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur muss gewarnt werden. Man möge Acht geben, nicht selbst – unbewusst, ungewollt – andere im Glauben zu verwirren, sie zum Stolpern und Fallen zu bringen, den Glauben mies zu machen oder anderes an seine Stelle zu setzen. Es genügt schon die Weitergabe von Lieblosigkeit, um andere durch abwertende Worte und durch das schlechte Beispiel von einem Stück Glaubensbeziehung abzubringen. Der Schlagfertigkeit oder dem Reizvollen gebührt kein Applaus, wenn dies nicht mit der Liebe in Zusammenhang steht.
Die zweite, deutlichere Warnung ergeht an jene, die bereits bei der Verbreitung von Bösem mittun, wobei die persönliche Verantwortung unterschiedlich sein kann. Das Rädchen im System ist anders verantwortlich als jener, der sich mit seiner ganzen Persönlichkeit einsetzt. Trotzdem gilt für beide: Wehe! Sie sind vor Gott verantwortlich.
Auch eine christliche Konfliktkultur trägt Verantwortung, weil sie dies in Erinnerung rufen muss (vgl. Mt 18,15-20) und die Dinge niemals einfach laufen lassen darf. Jeder Mensch ist zu kostbar, als das man sich mit seinen Lebensirrtümern achselzuckend abfinden könnte. Es gilt, allen Menschen das Evangelium zu verkünden.
Konfliktkultur: Schlechter Rat - "Weiche Satan..."
„Weg mit dir, Satan geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was Menschen wollen.“ (Mt 16,23b)
Evangelium:
Jesus sagt zu Petrus „Satan“ (Mt 16,21-23, Mk 8,31-33)
Petrus kriegt es kalt-warm.
Unmittelbar zuvor erzählen die Evangelisten von der Petrus übertragenen Vorrangstellung (Mt 16,18). Petrus hat erkannt, dass Jesus der Messias ist (Mt 16,16; Mk 8,29; Lk 9,20). Die Worte und Zeichen Jesu waren für ihn der überwältigende Beweis für die einzigartige Sendung Jesu aus Gott. Das ist nun das Fundament, auf dem Jesus die Jünger tiefer und umfassender in sein Geheimnis einweihen will, wozu untrennbar das Kreuz gehört. Die Konflikte mit den Pharisäern können nicht beigelegt werden, nicht einmal durch den Sohn Gottes. Die Feindschaft wird zunächst einen Triumph über die Offenbarung feiern. Das ist kaum begreifbar. Petrus versteht nicht, dass Gott ohnmächtig erscheinen kann, dass Jesus einen schmachvollen Tod erleiden wird. Ehrlich gesagt, das ist wirklich nicht zu verstehen – aber Realität. Gott lässt Grenzen gegenüber seinem Einfluss zu bzw. er verlangt, dass man auf ihn trotz Scheitern gegen alle Hoffnung vertrauensvoll hofft. Petrus ist mit seiner Sorge und mit seinem Rat gegenüber Jesus gut zu verstehen. Er will das Beste für seinen Freund und Meister. Das Kreuz ist darin unvorstellbar.
Es ist absurd, dass diese Worte der Freundschaft nicht im Sinn Gottes sind. Alle Umstände sprechen für die Berechtigung des Rates des Petrus. Dennoch wehrt Jesus hart ab. Jesus muss ein einseitiges Bild zurückweisen, das im Leben des Liebenden das Kreuz nicht wahrhaben will. Es gehört dazu, auch für die ihm Nachfolgenden (vgl. die anschließenden Aufforderungen zur Nachfolge, Mt 16,24-25; Mk 8,34-35; Lk 9,23-24).
Das Engagement für die Liebe beinhaltet das Risiko des Kreuzes. In der Nachfolge Christi mag man sich deshalb hundertfach als Mitleidender und Mitgekreuzigter erfahren (vgl. Röm 6,6; Gal 2,19; Gal 5,24; Gal 6,14). Gottes Wege gehen auch durch die Dunkelheit, durch Abgründe, durch die Schattenseiten der Welt. Petrus kann das noch nicht erkennen. Sein Christus-Bild ist halb. Entgegen seinen Wunschvorstellungen wird nicht die harmonische Entfaltung der Persönlichkeit, der letztendlich strahlende, für alle erkennbare Sieg der Liebe, sowie Erfolg und Ansehen verheißen. (Angesichts der Weltgeschichte wäre dies für die Verlierer der Jahrhunderte Zynismus.) Sondern es geht um die Annahme des ganzen Christus, des ganzen Evangeliums. Das Ausblenden einer Seite, das bloße Wahrnehmen eines Wunschbildes ist eigentlich vom Bösen. Denn es trübt den realistisch-kritischen Blick auf eine Welt voller Ränder und Schatten. Dann sieht man wirklich nur die im Lichte, denn im Dunkeln sieht man eben nicht bzw. man sieht sie nicht wirklich (Bert Brecht).
Eine christliche Konfliktkultur lebt mit dem Skandal des Leides und des Todes von Unschuldigen. Das ist nicht gottgewollt. Was Gott sehr wohl will, ist die Solidarisierung mit diesen „Besiegten“. Hier kann sich niemand hinter ein halbiertes Bild des Glaubens zurückziehen, auch nicht im Namen psychologischer Erkenntnisse einer humanmenschlichen Persönlichkeitsentfaltung. Diese ist natürlich zu befürworten, wobei jede falsch verstandene Leidensmystik, jede einseitige „Theologie des Opfers“ abzulehnen ist. Aber das kann kein Grund für ein Ausweichen vor dem Auftrag Gottes sein. Der Preis der Anpassung an – verständliche – Harmoniewünsche darf hier nicht gezahlt werden. Das Vorziehen der lichten Seiten des Lebens darf die Wahrnehmung der Realität des Dunkeln nicht verdrängen. Eine christliche Konfliktkultur muss tiefer sehen und schärfer auf die Stimme Gottes hören als es rein menschlich angenehm erscheint.