300 Frauen und Männer feiern ihre Berufung im Salzburger Dom
Aktuell sind rund 1.400 von ihnen in ganz Österreich tätig. Das heißt, sie kümmern sich konkret in den Pfarren um das Leben der Gemeinde in all seinen Facetten oder arbeiten in den verschiedenen kategorialen Feldern. Sie begleiten Schülerinnen und Schüler, beraten in der Telefonseelsorge, betreuen Gefangene, besuchen Kranke oder kümmern sich um jene, die in schwierigen sozialen Verhältnissen leben.
Unter dem Motto „Genial pastoral“ stellt die Erzdiözese Salzburg in einer Serie einige von ihnen und ihre Berufung vor.
„Auch Jesus war Laie“
In seinem Grußwort richtete sich der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz mit großer Dankbarkeit aber auch Nachdenklichkeit an die Laien-Seelsorgerinnen und Seelsorger: „Dem Evangelium wachsen immer wieder neue Berufungen zu. Dabei dürfen wir aber nie vergessen: Auch Jesus war Laie.“ Deshalb gehe es darum, die Bedeutung dieser Berufungen in die gesamte Sendung der Kirche gut zu integrieren.
Die Feier des „Weggottesdienstes“ begann im Salzburger Dom unter der Leitung von Weihbischof Anton Leichtfried, der Vorarlberger Pfarrseelsorgerin Heidi Liegel und dem Linzer Pastoralvorstand Matthias List. Der Weg endete in der Müllner Kirche.
Weihbischof Leichtfried bekräftigte den Dienst: „Seelsorge kann man nicht so nebenbei machen. Sie erfordert die Präsenz eines glaubenden Menschen. Sie ist schlicht und braucht gleichzeitig – in den vielfältigen komplexen Situationen des Lebens – hohe Professionalität. Für diesen besonderen Dienst sage ich den Pastoralassistentinnen und den Pastoralassistenten mit großem Respekt und von Herzen Danke.“
Pionierinnen der ersten Stunde des Berufes wie die 102-jährige Trude Kirchmair aus Salzburg und Katharina Brod aus Linz nahmen auch aktiv an dem Gottesdienst teil.
Stimmen zum Jubiläum
Im anschließenden Treffen in der Müllner Kirche kamen wichtige Vertreterinnen und Vertreter des pastoralen Dienstes der österreichischen Kirche zu Wort.
Anna Findl-Ludescher, Geschäftsführende Vorsitzende der Österreichischen Pastoralkommission, verwies auf „das segensreiche Wirken vieler Frauen und Männer in den vergangenen 50 Jahren hat das Gesicht der österreichischen Kirche unwiderruflich verändert und verschönert.“
Auf den besonderen Zusammenhang von Beruf und Berufung von Laien in Kirche und Welt kam Lucia Greiner, Geschäftsführende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Pastoral- und Seelsorgeamtsleitenden der österreichischen Erzdiözesen und Diözesen zu sprechen: „Die eigene Berufung als Beruf leben, das ist in der Kirche Österreichs durch die Sendung in einen pastoralen Beruf seit mehr als 50 Jahren möglich. Diese Sendung trägt erheblichen Anteil am Aufbau von Gemeinden; sie stärkt Menschen, ihre Taufberufung zu leben.“ Durch die vielfältigen Formen, die pastorale Berufe annehmen können, „zeigen sie seismografisch die Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft. Die Fachlichkeit in ihrer Tätigkeit macht sie zu Gesprächs- und Kooperationspartnerinnen und –partnern auf kommunaler, regionaler, Landes- und Bundesebene“, so Greiner.
Für Gabriele Eder-Cakl, Direktorin des Österreichischen Pastoralinstitutes, sind „die gesendeten pastoralen Berufe eine besondere Bereicherung für das konkrete Christin- und Christsein in dieser Welt.“ Sie wirken nach außen, indem sie „Menschen in der sich verändernden Welt begleiten“. Aber auch nach innen in die Kirche: „Sie kultivieren den Samen des synodalen Miteinanders in der Katholischen Kirche.“
Ein halbes Jahrhundert kirchlicher Berufe mit Sendung
Schon immer engagieren sich Frauen und Männer aus Freude und Überzeugung in der Pastoral. In Folge der Entwicklungen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) geschieht das auch hauptamtlich. Frauen und Männer können seither ihre Taufberufung und ihre Glaubensbegeisterung zu ihrem geistlichen Beruf machen. Sie absolvieren theologische Studien und pastorale Ausbildungen und werden durch den Ortsbischof in ihr kirchliches Amt gesendet.
Vor 50 Jahren wurde die Berufsbezeichnung „Pastoralassistent“ durch die Bischofskonferenz österreichweit eingeführt. Heute prägen diese gesendeten pastoralen Berufe alle Seelsorgebereiche der Katholischen Kirche Österreichs.
„In der Diözese Linz gab es ähnliche Dienste aber bereits früher. Bereits 1947 wurde in der Pfarre Linz-St. Theresia mit Gertraud Scharmüller die erste Seelsorgehelferin angestellt. Dies war dem starken Zuzug in den Stadtteil nach dem Zweiten Weltkrieg zuzuschreiben – der Pfarrer allein konnte die notwendige Unterstützungsarbeit für die Menschen nicht mehr leisten. Seelsorgehelferinnen waren die „Vorläuferinnen“ der Pastoralassistent:innen. Im Unterschied dazu handelte es sich aber bei ihnen um einen expliziten Frauenberuf in der Kirche. Die Aufgaben der Seelsorgehelferinnen waren zunächst sehr der damaligen Rolle der Frauen angepasst – mit den Schwerpunkten Caritasarbeit, Kinderpastoral mit Schulunterricht, Schreibarbeiten und Hausbesuchen. Sie waren bei den Pfarren angestellt, dazu verpflichtet, ehelos zu leben und als Ergänzung und Hilfe für Priester gedacht, welche als die eigentlichen Seelsorger galten.
Vielfältige Aufgaben
Heute prägen die gesendeten pastoralen Berufe alle Seelsorgebereiche der Katholischen Kirche Österreichs. Rund 1.300 Frauen und Männer sind österreichweit tätig. In der Diözese Linz gibt es aktuell 369 voll- und teilzeitbeschäftigte gesendete Seelsorger:innen – 241 Frauen und 128 Männer. Ihre Aufgaben und Tätigkeitsfelder sind vielfältig: Sie reichen etwa von seelsorglichen Aufgaben und auch Führungsfunktionen in Pfarren (Pfarr- und Pastoralassistent:innen, bzw. Pastoralvorständ:innen in den neuen Pfarren) über kategoriale Dienste als Seelsorgende in Krankenhäusern, Altenheimen, Hospizen oder Gefängnissen bis zur Telefon- und Notfallseelsorge. Sie übernehmen auch Aufgaben in der Kinder- und Jugendseelsorge, der Caritas, der Entwicklungszusammenarbeit, in der Erwachsenenbildung, in der Betriebs- oder in der Festivalseelsorge. Die Berufsfelder bzw. die damit verbundenen Dienste sind dabei von Diözese zu Diözese unterschiedlich bzw. werden auch unterschiedlich benannt.
Voraussetzungen für den Beruf sind eine persönliche Verwurzelung im Glauben, die Bereitschaft zur Selbstreflexion und Weiterbildung, Empathie, die Fähigkeit, auf Augenhöhe zu kommunizieren, psychische Belastbarkeit, Bereitschaft zu flexibler Arbeitszeit und die Fähigkeit zu selbstständigem Arbeiten. Zu den pastoralen Berufen gibt es zwei Ausbildungswege: zum einen die akademische Ausbildung über ein Theologiestudium an den Theologischen Fakultäten und den diözesanen Zentren für Theologiestudierende; zum anderen die „Berufsbegleitende Pastorale Ausbildung Österreich" (BPAÖ). Für Fachbereiche werden zudem spezielle – teils mehrjährige – Zusatzausbildungen angeboten.
Erste Wegbereiter:innen in Oberösterreich: Aufbruchstimmung und Gegenwind
Zu den Pionier:innen in Oberösterreich, die das neue Berufsbild erst prägen mussten, gehört das Ehepaar Waltraud und Herbert Mitterlehner, das 1975 gesendet wurde und 1976 als erstes pastorales Ehepaar in Österreich in den Beruf eingestiegen ist. Beide waren zunächst in Laakirchen in der Kinder- und Jugendarbeit sowie im Religionsunterricht tätig. „Außerdem haben wir bei besonderen Anlässen erste Wortgottesdienste gefeiert. Wir waren in der Sakramentenvorbereitung, in der Caritas-, Frauen- und Öffentlichkeitsarbeit tätig und übernahmen Aufgaben in der Verwaltung“, erinnert sich das Paar. 1984 übernahmen die beiden schließlich die Leitung einer priesterlosen Pfarre. Inzwischen sind sie in Pension und weiter ehrenamtlich tätig.
„Von Seiten der Diözesanleitung brachte man uns Vertrauen entgegen. Auch die unmittelbaren Vorgesetzten waren sehr positiv zu uns eingestellt, so dass eine gute Zusammenarbeit möglich war. Wir genossen höchstmögliche Freiheiten in unserer Arbeit. Auch wenn es für die Pfarrbevölkerung anfänglich ungewohnt war, bezeichneten uns viele als die Zukunft der Kirche“, sagen Waltraud und Herbert Mitterlehner. Das bestätigt auch Brigitte Gruber-Aichberger, die frühere Leiterin der Abteilung Pastorale Berufe: „Die Kirchenbevölkerung war zum Großteil aufgeschlossen, denn mit dem neuen Beruf kam auch Neues in den Pfarralltag, wie auch Unterstützung für die Ehrenamtlichen“, sagt sie. Der Pioniergeist sei von den vielen Gestaltungsmöglichkeiten im pfarrlichen Alltag befeuert worden. In den Pfarren sei eine deutliche Aufbruchstimmung zu spüren gewesen, das habe diese strukturellen Themen in den Hintergrund treten lassen. Aber: „Natürlich gab es auch Gegenwind konservativer Kräfte, den gibt es bis heute bzw. ist der inzwischen wieder stärker geworden. Diese Menschen und Gruppierungen können es nicht akzeptieren, dass Lai:innen auch liturgische Aufgaben übernehmen können.“
Brigitte Gruber-Aichberger war selbst eine Pionierin: Nach 12 Jahren in der Pfarrseelsorge leitete sie 23 Jahre lang die Abteilung Pastorale Berufe und gestaltete als eine von wenigen Frauen in diözesaner Leitungsfunktion die Pastoral in der Diözese Linz entscheidend mit: Als Vorgesetzte von über 300 Seelsorger:innen in oö. Pfarren und an anderen pastoralen Orten förderte sie den Einsatz qualifizierter Lai:innen in der Pastoral und speziell von Frauen in Leitungspositionen, trieb Gleichstellungsmaßnahmen in der Diözese voran und trug wesentlich dazu bei, die Rahmenbedingungen für eine qualitätsvolle Seelsorge zu schaffen.
Zukunft und Herausforderungen
Die Kirche von Österreich steht mitten in fundamentalen Veränderungs- und Neuorientierungsprozessen. Das betrifft auch alle pastoralen Berufe – gesendete wie geweihte. Nachdem noch vor 20 Jahren die Auswahl an Interessent:innen in einigen Bereichen groß war, wird heute auch in den gesendeten pastoralen Berufen nach qualifizierten Bewerber:innen gesucht. „Wir hoffen hier auch auf Quereinsteiger:innen, die berufsbegleitend ausgebildet werden können“, sagt Irmgard Lehner, die Leiterin des Fachbereichs Seelsorger:innen in Pfarren der Diözese Linz. Zudem hofft sie auch, „dass wieder mehr junge Menschen – vielleicht aus einem sozialen oder pädagogischen Interesse heraus - einen kirchlichen Beruf wählen“.
Auch die Berufsbilder von Seelsorge verändern sich, nicht zuletzt durch die Strukturreform, die sich in der Diözese aktuell in Umsetzung befindet. „Die Grundaufgaben von Seelsorge bleiben jedoch“, so Lehner. Es werde nach wie vor darum gehen, Menschen in spezifischen Lebenssituationen und Wendepunkten zu begleiten, das Leben im Licht des Glaubens zu deuten und gemeinsam zu feiern. Durch die bewusste Zusammenarbeit in einem größeren Raum Pfarre gebe es mehr Möglichkeiten, auf die Begabungen einzelner Seelsorger:innen besser eingehen zu können oder auch schneller auf aktuelle gesellschaftliche Situationen reagieren zu können. Der Schwerpunkt gehe hin auf eine Begleitfunktion für Teams. Seelsorger:innen geben theologisch-pastorale Impulse, stellen Fachkompetenz und Expertise zur Verfügung, begleiten Projekte und Innovationen. „Für mich ist der Seelsorgeberuf ein Traumberuf, in dem ich in vielfältigster Weise mit Menschen vor Ort in der Spur Jesu unterwegs sein kann und lebendige Kirche ganz konkret gestalte – jeden Tag neu“, betont Lehner, die selbst 22 Jahre lang hauptamtlich in der Pfarrseelsorge tätig war.
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