Konfliktktultur: Gerechtigkeit - Aus den Seligpreisungen
„Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich.“
(Mt 5,10)
Evangelium:
Die Seligpreisungen (Mt 5,3-12; Lk 6,20-26)
Die wohl größte Ermutigung des Evangeliums wird in den Seligpreisungen beschrieben. Wem es heute schlecht gehen sollte, weil er sich gemäß dem Willen Gottes einsetzt, soll sich nicht niederdrücken lassen. Es ist sicher, dass er reich belohnt wird, spätestens im Himmel (vgl. auch Mt 16,25b; Lk 9,25).
Gott anerkennt die Haltungen, die sein Reich aufbauen. Und er schenkt es denen, die dazu beitragen. Zum Aufbau des Reiches Gottes gehört das Standhalten angesichts von Leid, Ungerechtigkeit, Verunglimpfung und Verfolgung. Als Reaktion wird vorgeschlagen: Weil du (gerade deshalb) selig bist, freue dich und juble, denn dein Lohn wird groß sein! Sei dir bewusst, dass es den vor Gott verdienten Menschen (z.B. den Propheten) oft ebenso ergeht! Aber es muss wirklich um den Willen Gottes als Grund für eine Diskriminierung gehen. Sonstige Fehlhaltungen werden nicht entschuldigt, die vielleicht öfter der Anlass für Ablehnung sind. Um sich darüber klar zu werden, braucht es eine feine Gewissenserforschung und die Bereitschaft zur beständigen Umkehr.
Wo „christliche“ Fanatismen, Engstirnigkeit und Rechthaberei verfolgt werden, ist nicht der Glaube gemeint, sondern eine Person mit einem problematischen Charakter, die auf schlechte Art – fanatisch, engstirnig, rechthaberisch – „den Glauben“ präsentiert. Dies zu unterscheiden, und die wirklichen Gründe für eine „Verfolgung“ herauszufinden, ist die eine Aufgabe einer christlichen Konfliktkultur.
Da die Kirche auch eine Kirche der Sünder ist, gibt es Widerstand gegen Menschen, die im Sinn der Seligpreisungen leben – und sogar von jenen, denen man sich persönlich verbunden fühlt. Das muss man aushalten! Denn es geht überhaupt nicht darum, eventuellen Enttäuschungen über Menschen nachzuhängen oder sich von ihnen (innerlich) zurückzuziehen bzw. abzugrenzen! Es ist jede subtile Form von „Nachtragen“ abzulehnen (Mt 5,39-42; Lk 6,29-35). Eine mögliche „Vergeltung“ ist Gott zu überlassen. Es soll Gottes Sache sein, was er tut, ob er darüber hinweggeht, verzeiht, jemanden zur Umkehr fordert, ihn beschämt oder „bestraft“, damit er Gott erkennen und ihn finden mag. Es geht nicht um persönliche Genugtuung, wenn das Unrecht des anderen offenbar wird! Für den anderen soll im eigenen Herzen nur Gutes Platz haben (Mt 5,44-48; Lk 6,35-36; Röm 12,17b-18), weil das eigene Herz von Gott erfüllt ist. Und das ist die wesentlichste Voraussetzung dafür, um überhaupt von einer christlichen Konfliktkultur sprechen zu wollen!
Das Bewusstsein, sich auf dem rechten Weg für Rechtes einzusetzen, und das Vertrauen, dass Gott dies sieht, soll im Sinn der Seligpreisungen genügen und Grund zur Freude sein. Gemäß einer christlichen Konfliktkultur braucht es vor allem eine Verwurzelung in der Frohen Botschaft. Denn schon jetzt erfahrbare Lösungen oder Erleichterungen werden nicht versprochen. Es kann durchaus um`s Kreuztragen gehen (Mt 16,24; Mk 8,34; Lk 9,23), auch wenn dies aus einer oberflächlichen Sicht absurd aussehen sollte.