Konfliktkultur: Verhärtung - Die Sünde gegen den Heiligen Geist
„Jedem, der etwas gegen den Menschensohn sagt, wird vergeben werden; wer aber den Heiligen Geist lästert dem wird nicht vergeben.“ (Lk 12,10)
Evangelium:
Von der Sünde gegen den Heiligen Geist (Mt 12,31-33, Mk 3,28-29, Lk 12,8-10)
Jesus macht es uns nicht leicht, hier zu verstehen, was er meint. Deshalb kann niemand sicher sein, dies voll ergründen zu können.
Im Verhältnis der Menschen zu Jesus gibt es einen Unterschied zwischen „Sich-nicht-zu-ihm-bekennen“ und „Etwas-gegen-ihn-sagen“. Ein Bekenntnis ist umfassend, ganzheitlich, Worte sind nur ein Teilaspekt. Hinter einem Bekenntnis steht ein Mensch mit seiner ganzen Persönlichkeit, Worte können neu überlegt und zurückgenommen, eine Meinung kann geändert werden. Das erinnert an das Gleichnis von den beiden Söhnen (Mt 21,28-31) und an die Verleugnung durch Petrus (Mt 26,69-75; Mk 14,66-72; Lk 22,55-62; Joh 18,15-18.25-27). Die gesprochenen Worte entsprechen nicht den späteren Taten. Denn im Gleichnis von den beiden Söhnen ist es der sich in Worten verweigernde Sohn, der später den Willen des Vaters tut. Man könnte sagen: In seinem Tun bekennt er sich zum Vater. Der andere redet zwar schön, bekennt sich de facto aber nicht zum Vater.
Dass Jesus Vergebung vorhergesagt hat für jene, die etwas gegen ihn sagen, klingt gutmütig. Es bedeutet dann eigentlich nichts, wie jemand von oder über Jesus redet – oder? Das ist ein Problem! Ein Liebender, einer der sich zu Jesus bekennt, verkraftet schwer, wenn von dem Geliebten und Geschätzten abfällig oder ihm gegenüber feindselig und diskriminierend gesprochen wird. Außerdem ist es naheliegend, abfällige Worte in Verbindung mit einer abfälligen Haltung und mit Feindseligkeit zu vermuten.
Im Gegensatz zu unserem Empfinden scheint Jesus eine verbale Ablehnung nicht so tragisch zu nehmen. Er verharmlost sie nicht, da sie sicherlich negative Konsequenzen für die Grundhaltung eines Menschen ihm gegenüber haben wird, aber letztlich bedeuten Worte allein nicht wirklich Trennendes.
Somit ergibt sich für eine konflikthafte Begegnung von Christen und Menschen, die etwas gegen Jesus sagen, eine Ermutigung zur Gelassenheit. Gerade in einer pastoralen Situation kann man innerlich ruhig bleiben. Das heißt nicht, dass man mit seiner Leidenschaft für Jesus, mit Argumenten oder mit Widerspruch hinter dem Berg halten soll, aber die vor Gott gültige Vergebung hängt nicht von uns ab.
Das entlastet davon, eine mangelnde Erkenntnis Jesu bei anderen unbedingt nachholen zu müssen (– obwohl ich natürlich aus innerlicher Begeisterung mein Möglichstes tun werde, weil ich es für wertvoll, bereichernd und faszinierend halte). Der Ärger über Jesus-Ignoranten kann keinesfalls meine Freude an Jesus beeinträchtigen. Ich brauche nicht das Gefühl zu haben, einen Schatz zu verkünden, für ihn zu werben, der dann uninteressant und unbeachtet bleibt. Der Weg dieser Menschen mit Gott läuft an mir vorbei. Ich erfahre in Enttäuschung meine Erfolgslosigkeit und meine Grenzen, kann aber Gottes Wegen auch darin vertrauen. – Kann ich das?
Plötzlich verschärft Jesus seine Rede eindringlich. Die Sünde gegen den Heiligen Geist, d.h. das erkannte Gute nicht zu tun, es zu unterlassen oder gegenteilig zu handeln und darin zu verharren: Das ist abgrundtief böse. Es bedeutet eine Ablehnung all dessen, was der Heilige Geist gibt: sich nicht trösten, nicht mahnen, nicht erinnern, nicht lehren, nicht beistehen zu lassen oder selber nicht beistehen, nicht erkennen, nicht unterscheiden und nicht in der Wahrheit sein zu wollen. Der Heilige Geist wird aus dem Leben, mehr oder weniger bewusst – ausgeschlossen.
Sicherlich wird kein Gläubiger dies wollen und die Dramatik dieses Textes für sich nicht sogleich sehen. Aber er beschreibt eine Möglichkeit, ja eine Wirklichkeit, vor der man nicht die Augen verschließen darf.
Eine christliche Konfliktkultur mahnt zur Gelassenheit gegenüber solchen, die etwas gegen Jesus sagen, gleichzeitig aber zu höchster Aufmerksamkeit, Sorge und Bestürzung über jene, die de facto nichts Gutes im Sinn haben. Die Begegnung mit solchen macht fassungslos.
Weiters spricht diese Stelle der Heiligen Schrift die Dramatik möglicher eigener Fixiertheit auf etwas Falsches an. Denn die Möglichkeit, im – unbewussten – Widerspruch zum Heiligen Geist zu leben, besteht auch für Gläubige. Eine christliche Konfliktkultur muss deshalb mit dem eigenen Versagen rechnen und dementsprechend das Verhalten immer wieder unter dem Anspruch des Heiligen Geistes prüfen.