Konfliktkultur: Unfreundlichkeit - Die Ungastlichkeit der Samariter
„Und sie gingen zusammen in ein anderes Dorf.“ (Lk 9,56)
Evangelium:
Die ungastlichen Samariter (Lk 9,51-56)
Auf dem Weg nach Jerusalem wird Jesus Gastfreundschaft verweigert. Für die Samariter muss aufgrund ihrer Trennung vom Tempel in Jerusalem alles irgendwie suspekt sein, das sich dorthin bewegt. So verlief die gewöhnliche Reiseroute der Pilger am Rand des samaritanischen Gebietes und berührte dieses nicht. Dass Jesus dennoch durch samaritanische Dörfer zieht, zeigt seine Unbefangenheit gegenüber konventionellen Schranken.
Aber den Samaritern ist das nicht geheuer. Sie verstehen nicht, dass jemand Brücken bauen will. Sie verhalten sich wie gegenüber jedem Jerusalem-Reisenden ablehnend. Jesus ist und bleibt ihnen fremd. Da nützt die Öffentlichkeitsarbeit der Jünger nichts, die in ihrer Begeisterung jemanden „Besonderen“ angekündigt hatten. Erfüllt von der Faszination der vorhergegangenen Offenbarung Jesu durch Worte und Zeichen, sind sie empfindlich getroffen. Sie sind wütend gegenüber jenen, denen Jesus gleichgültig bleibt. Natürlich kommt Enttäuschung und Ärger dazu, da man ermüdet weiterwandern und Quartier suchen muss.
Jesus scheint diese Ablehnung zu akzeptieren. Diese Samariter kennen ihn nicht und haben von jenen, die nach Jerusalem zum Tempel gehen, bisher hauptsächlich Verachtung erfahren. Im Gegensatz zu den Orten Chorazin und Betsaida (Lk 10,13-15), wo Jesus Zeichen gewirkt hat und später abgelehnt wurde, verurteilt er dieses samaritanische Dorf nicht, wie es die Jünger in ihrem Zorn für angemessen halten. Jesus ist bloß ein Reisender und jetzt gerade nicht Verkünder des Evangeliums (im Gegensatz zu Lk 10,1-16). Oder?
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur kann die unterschiedliche Reaktion Jesu auf Ablehnung gesehen werden. Wo man als Fremder abgelehnt wird, muss man sich in gewissem Sinn mit der bleibenden Fremdheit abfinden. Die Samariter haben nichts von der Sendung Jesu erfahren und die Berichte der Jünger konnten dies nicht vermitteln. Eine solche Begebenheit ist unangenehm und enttäuschend, soll aber nicht tragisch genommen werden. Nicht jedes Kommen Jesu führt zu seiner Offenbarung. Dazu braucht es doch irgendwie einen Funken, der überspringt. Das theoretische Kennenlernen Jesu ist zu wenig, wenn nicht erfahren wurde, wer er ist.
So macht diese Bibelstelle auf die begrenzten Möglichkeiten derer aufmerksam, die Jesus vermitteln wollen. Diese haben kein Recht, zornig zu werden und Strafe zu wünschen. Jesus ist viel gelassener gegenüber seiner Ablehnung als die Jünger, obwohl damit ein Kommen und ein eventuell späteres Verkünden der Frohbotschaft schwierig erscheint. Darüber wird kein Wort verloren. Man muss woanders hingehen.
Die Erfahrung der Ablehnung durch solche, denen Jesus fremd ist, begegnet im pastoralen Alltag immer wieder. Die Pfarrkanzleien, die Sternsinger der Dreikönigsaktion, die Mitarbeiter in der Sakramentenpastoral, die Besuchsdienste können viel darüber berichten. Aber nicht Enttäuschungen und Verärgerungen sind angebracht, sondern die Freude und die Faszination am Bewusstsein, zu Jesus zu gehören. Das ist für Christen entscheidend: treu mit Jesus zu gehen. Anderes ist zweitrangig. Sogar der pastorale Misserfolg ist nicht weiter tragisch. Es gibt so viele Dörfer, so viele Menschen, bei denen man willkommen ist. Dort wird es möglich sein, Grenzen zu überwinden. Dort wird ein Verkünden des Reiches Gottes auf fruchtbaren Boden fallen, möglicherweise erst beim dritten Versuch. Eine christliche Konfliktkultur soll daher von Gelassenheit, von einem unbeirrbaren Blick für das Wesentliche und von einer Freude an Christus getragen sein.