„Der Herr antwortete: Martha, Martha du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eins ist notwendig.“ (Lk 10,38-42; Joh 12,1-2)
Evangelium:
Maria und Martha (Lk 10, 38-42; Joh 12, 1-2
Die zuhörende Maria ist keine Hilfe für die fürsorgliche und fleißige Martha. Ihr scheinbar passives Verhalten ärgert die aktive Martha, denn sie fühlt sich im Stich gelassen. Jesus bezweifelt Marthas Gefühle nicht, die „objektiv richtig“ sind, aber er löst den Konflikt auf einer anderen Ebene mit der Frage: „Was ist wirklich wichtig?“. Kein Zweifel an der Notwendigkeit von Marthas Tun, aber diesem gebührt jetzt kein Vorrang. Die Gastfreundschaft verlangt, dass alles rund um den Gast funktionieren soll. Doch zuerst kommt der Gast selbst.
Um dieses vorrangige Hören auf Jesus sollte es auch in der Welt und ich der Kirche von heute mit all ihrer notwendigen Geschäftigkeit gehen. Das Zuhören und das Bei-ihm-Sein sind wichtiger und „besser“. Alles andere ist nachgeordnet.
Hier soll nicht Aktion und Kontemplation, die Tat und das (meditative) Mit-Jesus-Sein gegeneinander ausgespielt werden. (Alles zu seiner Zeit.) Aber von vorhinein ist das Mit-Jesus-Sein wesentlicher.
Ich möchte einen Gedanken anschließen, der in den Bereich einer Familienkultur gehört. Die Familie ist der ausgeprägteste Ort gegenseitiger Fürsorge und des gemeinsamen Gestaltens der kleinen Lebenswelt. An erster Stelle stehen die Personen. Die gemeinsame Haushaltsführung, die Sorge um das Funktionieren und Organisieren des Alltags, die Ordnung im Kinderzimmer, die 1000 Dinge rundherum, so notwendig sie sind, sie kommen „danach“.
Das Daheim-Sein bei Menschen ist wichtiger als in Räumen, als das Funktionieren des Alltags. Mit dem Vorrang der Person vor allen Aktivitäten wird nicht dem Nichtstun das Wort geredet, sondern einer Atmosphäre, in der es spürbar um den Menschen geht. Das ist Geborgenheit und Heimat.
Es sind weitere Blickwinkel auf diese Bibelstelle denkbar, vor allem in Richtung auf unsere Gemeinden und Gruppierungen. Schließlich entlasten Jesu Worte davon, ständig etwas tun zu müssen. Man darf Zeit haben für Menschen, selbst in der größten Geschäftigkeit, man soll es sogar. Zwar kennt jeder die innere Anspannung, wenn man das Tun notwendiger Dinge aufschieben muss, weil man durch einen Menschen oder ein Ereignis gehindert wird… Eine christliche Konfliktkultur steht dann vor der Herausforderung, in innerer Freiheit die gegenwärtige Stunde Gott zu schenken (sie ihm „zu opfern“). So beginnt eine von Gott geschenkte Souveränität über die Zeit, die als Gnade und als innerer Friede geschenkt wird. Aber das ist ein weiter Weg.