Rund 9.400 Kirchen und Kapellen prägen Österreichs Landschaft
Rund 9.400 Kirchen und Kapellen verschiedenster Epochen gibt es in Österreich. Speziell rund um Ostern werden zum höchsten christlichen Glaubensfest diese spirituellen und kulturellen Kraftorte stark frequentiert. Sie sind aber auch als Orte der Stille, Schauplätze christlicher Festtage und Fixpunkte im Lebenslauf vieler Menschen – bei Taufen, Erstkommunionen, Hochzeiten, Begräbnissen sowie bei der Feier von Weihesakramenten. Als „Oasen der Stille und Spiritualität“ und „Zeuginnen von Glauben, Geschichte und Kultur“ beschreibt sie Gabriele Eder-Cakl vom Österreichischen Pastoralinstitut. Zwei Drittel des österreichischen Kulturguts sei zudem christlich geprägt und damit ein „großer Schatz“ – vom Wiener Stephansdom bis zur Burgkirche in Rankweil.
Laut einer aktuellen Erhebung aller Diözesen stehen in Österreich 9.426 katholische Kirchen und Kapellen. Die meisten Gebäude befinden sich in den Diözesen Innsbruck (2.394), Wien (1.377), Linz (1.045), Gurk-Klagenfurt (1.050) und St. Pölten (1.037). Es folgen Graz-Seckau (743), Feldkirch (724), Eisenstadt (572) und Salzburg (484). Diese Zahlen umfassen sowohl Pfarr- als auch Filialkirchen und Kapellen, wobei Privatkapellen nicht erfasst sind. Nicht erhoben wurden außerdem evangelische, orthodoxe und altkatholische Kirchen sowie Gebetsräume weiterer christlicher Gemeinschaften.
Architektur als gelebter Glaube
Die sakralen Bauten erzählen in ihrer Architektur und Kunstgeschichte vom Glauben der jeweiligen Zeit: „Die Schlichtheit der romanischen Gebäude, das Streben zum Himmel in den gotischen Gebäuden, die Lebensfreude in den barocken Gebäuden und heute zeigen Kirchenräume die Arbeitswelt und die Gemeinschaft, das Miteinander-auf-dem-Weg sein“, so Eder-Cakl.
„Kirchen und Kapellen sind Oasen der Stille und Begegnungsorte mit Gott“, hält dazu Josef Grünwidl, Apostolischer Administrator der Erzdiözese Wien, fest. Als das älteste Wiener Kirchengebäude gilt die Ruprechtskirche im 1. Bezirk; deren Wurzeln reichen möglicherweise bis ins Jahr 740 zurück. Im Gegensatz dazu wurde die Franz-von-Assisi-Kapelle auf dem Buschberg, der höchsten Erhebung des Weinviertels, erst 2022 errichtet. Sie repräsentiert als jüngstes und zugleich kleinstes Gotteshaus einen Kontrapunkt zum Stephansdom, der österreichweit eine starke Symbolkraft hat.
Kirchen und Kapellen seien keine Museen, sondern lebendige Orte, „wo Menschen im Vertrauen auf Gott das Leben – von der Geburt bis zum Tod, mit Freude und Leid – feiern“, so Grünwidl. Sie prägten das Landschafts- wie Stadtbild und seien Ausdruck einer lebendigen Glaubensgeschichte – gerade auch im Osten Österreichs, wie die Erzdiözese Wien betont.
Orte für Alltag, Fest und Sinnsuche
Für viele Menschen – gläubig oder nicht – sind Kirchen und Kapellen Orte der Einkehr: beim Pilgern, beim Kerzenanzünden oder im Moment stiller Ruhe. Eder-Cakl beschreibt dieses Phänomen als „eine Minute Unterbrechung im Alltag“.
Ähnlich Martin Fenkart, Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch: „Unsere Kirchen, Kapellen und Klöster sind gelernte und offene Orte des Glaubens und der Sinnerfahrung. Sie öffnen Raum für die Sehnsüchte aller Menschen – generationen- und zeitübergreifend, als Gemeinschaft wie auch individuell.“ Viele Sakralräume befinden sich zudem an landschaftlich markanten oder zentralen Orten. In der Diözese Feldkirch, die 724 Kirchen und Kapellen zählt, stammen die ältesten Mauerreste – auf denen bis heute die Pfarrkirche Nenzing aufbaut – aus dem 4. Jahrhundert nach Christus. Die größten Kirchen Vorarlbergs stehen in Dornbirn-St. Martin (Platz für rund 1.000 Personen) sowie in Andelsbuch, Bezau und Hittisau.
Die kleinste Diözese Österreich – die Diözese Eisenstadt – trägt mit ihren Pfarrgemeinden Verantwortung für 282 Kirchen und 290 Kapellen im Burgenland. Ihre älteste Kirche steht im mittelburgenländischen Stoob – die Stoober Bergkirche. Man geht von einem Erbauungsdatum zwischen 1220 und 1230 aus.
Vielfalt kirchlicher Räume
Zeitgenössische Sakralbauten lassen Gemeinschaft erlebbar werden, bieten Kinderecken wie Rückzugsräume für Trauer, setzen auf Nachhaltigkeit und sind vielfach in Alltagsarchitektur eingebettet – wie etwa in Linz-Auwiesen, wo ein Kirchraum in eine ehemalige Tuchfabrik integriert ist. In ganz Oberösterreich zählt man laut Diözese Linz 491 Pfarr- und 173 Filialkirchen, dazu kommen 381 Kapellen.
All diese religiösen Gebäude würden eine „innere Qualität“ besitzen, die anderen Gebäuden in dem Maße nicht zukomme, beschreibt der Linzer Bischof Manfred Scheuer ihre Anziehungskraft. Kirchen seien damit auch „Zufluchtsorte“ und „ein Obdach für die Seele für alle, die einen zweckfreien, nicht fremdbestimmten Platz suchen“.
Zwischen Himmel und Alltag
Kapellen – also kleinere Bet-, Gottesdienst- oder Andachtsräumlichkeiten – findet man österreichweit in Ordenshäusern, Altenheimen, Krankenhäusern und Privathäusern, wie etwa in Burgen oder Schlössern. Hier sticht die höchstgelegene Kapelle Oberösterreichs hervor: die unter Denkmalschutz stehende Dachsteinkapelle bei der Simonyhütte im Gemeindegebiet von Hallstatt auf 2.206 Metern Seehöhe. Sie ist zugleich die höchstgelegene Kirche der Diözese Linz.
Die Erzdiözese Salzburg zählt 484 Kirchen und Kapellen, die für die Allgemeinheit zugänglich sind. Darunter befinden sich 4 Wallfahrtskirchen, 228 Pfarrkirchen, 124 Filialkirchen, 120 Messkapellen und 8 Seelsorgestellen. Im Süden Österreichs zählt man in der Diözese Gurk 822 Kirchen, davon 339 Pfarr- und 465 Filialkirchen, sowie 228 Kapellen. Darunter gilt die ehemalige Dominikanerkirche „St. Nikolaus“ in Friesach mit 74 Metern Länge als die größte Kirche Kärntens.
Auch versteckte Kirchen prägen das Bild, wie die Seminarkirche zum Guten Hirten im Innsbrucker Stadtteil Hötting. Sie wird regelmäßig genutzt – etwa von den Seminaristen und Mitarbeitenden des Priesterseminars -, ist aber nur wenigen bekannt und nicht durchgehend öffentlich zugänglich. Besuche sind nach Anmeldung möglich.
Karwoche und Ostern: Glaube in den Kirchenräumen
Besonders eindrücklich zeigt sich die Bedeutung der Kirchen in der Karwoche und zu Ostern, wenn alle christlichen Konfessionen in diesem Jahr am selben Tag feiern – am 20. April. „Am Karfreitag ist der Kirchenraum karg und leer – kein Weihwasser, keine Kerze, kein Altartuch. Das drückt den Tod aus. Und in der Osternacht erhellt die Flamme der Osterkerze den Raum – ein besonderer Moment des Durchbruchs von Licht in der Dunkelheit“, schildert Eder-Cakl. So werde der Tod durch die Auferstehung zum Leben überwunden – und die Kirchenräume „lebendig verbunden mit dem persönlichen Leben“.
(Kathpress)