Eder-Cakl: Gleichberechtigung kein Privileg, sondern Grundrecht
Eine gerechte, gleichwertige Behandlung von Frauen und Männern „ist kein Privileg, keine Gnade, keine Sonderstellung – es ist ein Grundrecht, ein Menschenrecht“: das hat die Theologin und Direktorin des Österreichischen Pastoralinstituts (ÖPI), Gabriele Eder-Cakl, am Dienstagabend im Bischofshof Klagenfurt unterstrichen. In ihrem Vortrag beim Fest zur Einsetzung der Frauenkommission der Diözese Gurk erklärte sie, Geschlechtergerechtigkeit „sollte eine Selbstverständlichkeit sein“ – auch in der katholischen Kirche.
Frauenkommissionen sind nach den Worten Eder-Cakls ein wichtiges Instrumentarium auf dem Weg dorthin und zugleich ein „wichtiger Schritt zu einer synodalen Kirche“, die auch Papst Franziskus durch einen weltkirchlichen Prozess umsetzen wolle.
Die Frauenkommission der Diözese Gurk wurde nach dem Vorbild bereits bestehender Gremien in anderen Diözesen zu Jahresbeginn 2024 installiert. Sie solle „ein gleichberechtigtes Miteinander zwischen Frauen und Männern, sowie eine wissenschaftliche und zeitgemäße Rezeption der Frauenfrage in der katholischen Kirche Kärntens sicherstellen“, heißt es auf der Diözesanwebsite. Es sei auch der ausdrückliche Wunsch von Bischof Josef Marketz gewesen, diese Kommission ins Leben zu rufen, sagten deren Sprecherinnen Maria Schmidt-Leitner und Monika Tuscher in einem Interview. Offizieller Startschuss des Gremiums war am Dienstag ein Abend zum Thema „Lust auf Zukunft. Frauen bewegen Kirche“ im Klagenfurter Bischofshaus, anwesend als Gastgeber war auch Bischof Marketz.
Marketz betonte dabei die Einrichtung einer Frauenkommission in der Diözese als „wichtiges Anliegen“ im Rahmen des Kirchenentwicklungsprozesses, „um in unserer Diözese synodal weiterzugehen“. Vorrangig gehe es darum, so der Bischof, „als große Gemeinschaft von Glaubenden, Liebe in die Welt zu bringen und miteinander an der Verkündigung mitzuwirken“. Die von der Frauenkommission formulierten Haltungen seien dafür grundlegend: „Aufmerksames und respektvolles Hören aufeinander, Reflexion der kirchlichen und gesellschaftlichen Prozesse, offene Herzen und Augen für die Not der Menschen, Mut, die eigene Überzeugung auch gegen Widerstände zu vertreten, Bereitschaft, die eigene Position zu hinterfragen, wertschätzender Dialog und Ambivalenzen aushalten.“ Abschließend ermutigte Bischof Marketz dazu, „initiativ und innovativ zu sein bei gleichzeitigem Aushalten von Spannungen und Akzeptieren von Grenzen“.
Wie Eder-Cakl in ihrem Vortrag feststellte, sei die Beteiligung von Frauen beim weltweiten Synodalen Prozess ein sehr wichtiges Thema und werde auch von vielen Verantwortlichen als entscheidende „Zukunftsfrage der katholischen Kirche“ gesehen. Dazu die in Österreich im Synodalen Prozess engagierte ÖPI-Direktorin: „Die Kirche ist weiblich, wenn wir in die Kirchen, Gottesdienste und auf das Engagement der Kirche in der Welt schauen.“ Das stimme mit der Beteiligung von Frauen an Entscheidungsprozessen und an der oft fehlenden Wertschätzung jedoch noch nicht überein.
Erfreulich sei, dass in den Synoden und Beratungen des weltweiten Prozesses gut daran gearbeitet werde, dieses Defizit zu beenden. In Österreich sei man nahe dran, dass – laut einem Beschluss der Bischofskonferenz – ein Drittel der kirchlichen Führungskräfte weiblich besetzt sind.
Gegen diakonales Sonderamt für Frauen
Ein großes Thema der kirchlichen Frauendebatte wird laut Eder-Cakl zwar „von allen gesehen, aber nicht angesprochen“ bzw. „umschifft“: Das sei die Frage: „Warum kann eine Frau nicht Christus als Priesterin repräsentieren? Warum werden berufene Frauen – es gibt weltweit viele berufene Frauen – nicht zur Diakonin, Priesterin und Bischöfin geweiht, wie die Männer auch?“
Wenig hält die Theologin – wie sie sagte – von der Idee, das Diakonat für Männer und Frauen aus dem sakramentalen Amt herauszulösen und beide Geschlechter statt einer Weihe nur zum diakonalen Dienst zu senden. „Mit Verlaub: Mir kommen hier die alten Rollenbilder hoch.“ Die Diakonin passe wie die zunächst an Unis zum Medizinstudium zugelassenen Frauen „zum dienenden, pflegenden Frauenbild der Kirche“. Ein diakonales Sonderamt für Frauen würde überkommene Rollenbilder noch mehr festschreiben.
Work-Life-Balance nur Frauensache?
Wie wirkmächtig alte Rollenklischees auch heute noch sind, veranschaulichte Eder-Cakl mit einer Erinnerung an ihre Teilnahme an einer Veranstaltung zum Weltfrauentag (8. März) bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Eine Journalistin habe dabei Fragen, die normalerweise an Frauen gestellt werden, an das Staatsoberhaupt sowie an den AMS-Chef und einen Kabarettisten gerichtet: „Wie schaffen Sie es, die Work-Life-Balance zu halten und Kinder, Familie und Beruf zusammenzubringen?“ oder „Was tun Sie, dass Sie bei so viel Arbeit immer adrett gekleidet sind und so gut aussehen?“. Die drei männlichen Adressaten seien „sichtlich überfordert“ gewesen von Fragen, die jede Frau bestens kenne. Eder-Cakls Fazit: „Wir Frauen haben alle einen Rucksack mit – alle Frauen in unterschiedlicher Weise – auf der ganzen Welt.“
Gerechtigkeit von Männern und Frauen auf allen Ebenen der Kirche ist nach Überzeugung der ÖPI-Direktorin „ein Kriterium, an dem die Kirche heute gemessen wird“, und zugleich ein im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils mit Leben zu füllendes „Zeichen der Zeit“. Eder-Cakl prognostizierte, den Ortskirchen werde nach der zweiten Weltsynode im Oktober 2024 eventuell die Aufgabe zukommen, manche Themen selbst entscheiden zu können. „Dazu brauchen sie dann auch eine funktionierende synodale Entscheidungskultur“, zu der diözesane Frauenkommissionen wie jene in der Diözese Gurk wesentliche Beiträge leisten könnten. Es gehe um Begegnung, Austausch und Ringen miteinander, um das Aushalten von Unterschieden. „Auch die Apostel haben gestritten und miteinander um den richtigen Weg gerungen“, so Eder-Cakl. „Das wird nun auch in der heutigen Kirche, mit den heutigen Personen möglich sein.“
Vertretung aller Frauen in der Diözese
Die beiden Sprecherinnen der Frauenkommission, die Sozialepidemiologin und Psychoanalytikerin Maria Schmidt-Leitner und Monika Tuscher, Diözesanreferentin der Katholischen Frauenbewegung Kärnten, verwiesen auf das Ziel der Frauenkommission, nämlich „ein gleichberechtigtes Miteinander zwischen Frauen und Männern, sowie eine wissenschaftliche und zeitgemäße Rezeption der Frauenfrage in der Katholischen Kirche Kärnten sicherzustellen“.
Die Frauenkommission der Diözese Gurk vertritt alle zur Katholischen Kirche Kärnten gehörenden und in ihr arbeitenden Frauen in Haupt- und Ehrenamt. Sie ist laut Statut „eine dem Diözesanbischof verantwortliche und zugeordnete Einrichtung der Diözese Gurk-Klagenfurt, die mit Hilfe fach- und zeitgemäßer Rezeption der Frauenfrage dem Diözesanbischof bei anstehenden Entscheidungen beratend zur Seite steht“.
Die Frauenkommission, im Diözesanrat und im Bischöflichen Konsistorium durch eine ihrer Sprecherinnen vertreten, „analysiert das diözesane Leben im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen in der Kirche, berät den Diözesanbischof sowie die diözesanen Gremien fachgerecht in Frauenfragen und tritt für strukturelle Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ein“, heißt es im Statut.
Mitglieder der Frauenkommission üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Im Herbst 2024 wird die erste Vollversammlung der Kommission stattfinden. Bei dieser werden Vertreterinnen der kirchlichen Berufsgruppen – von Pastoralassistentinnen und Religionslehrerinnen über Pfarrhaushälterinnen und Ordensfrauen bis hin zu ehrenamtlichen Frauen – ein Leitungsteam wählen.
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