DI Mag. Stephan Turnovszky, Jugendbischof, Carina Baumgartner, Jugendrat Vatikan, Angelika Hirschenberger, Netzwerk Jakob, Eva Wimmer, Katholische Jugend
Wann gelingt Jugendpastoral?
Wenn es Räume gibt, wo Jugendliche ihre Talente einbringen und entfalten sowie Gemeinschaft erleben können;
Wenn für sie Kirche als Zeichen der unbedingten Lebe Gottes erfahrbar wird; wenn sie im kirchlichen Kontext so angenommen werden, wie sie sind;
Wenn sie die Schönheit des Glaubens entdecken;
Wenn sich das kirchliche Umfeld evangeliumsgemäß verändert: die Gemeinde, die Gruppe, die Jugendlichen selbst.
Beispiele für gelingende Jugendpastoral:
Aktion 72 Stunden ohne Kompromiss, Gebetstreffen, Sommerwochen, Festival-seelsorge, Aufwachsen in einem positiven kirchlichen Netzwerk, Musicalprojekt, Weltjugendtag, Jugendwallfahrt; wenn es die Möglichkeiten gibt, eigene Talente auszuprobieren; wenn Jugendliche bemerken, dass sie angenommen und ihnen entsprechend herausgefordert werden
Es gibt eine Sehnsucht bzw. eine Bereitschaft, an jugendpastoralen Angeboten teilzunehmen. Die Anzahl scheint sekundär. Geplante Veranstaltungen können diesbezüglich stattfinden.
Die Jugendsynode war eine gute Erfahrung (für wenige). In diesem Sinn sollen Erfahrungen gestärkt werden. Das Synodenpapier erreicht zwar viele, bewirkt jedoch nicht wirklich etwas.
Wertvoll waren in diesem Kontext die internationalen Begegnungen von Jugendlichen. Dabei war Geschlechtergerechtigkeit ein wichtiges Thema.
Gut wäre es, wenn Jugendliche entsprechend am Synodalen Prozess der Weltkirche in den Diözesen beteiligt sind.
Es gibt verschiedene Ebenen für Partizipation: Wahrnehmung, Zuhören ... Mit-entscheiden, Verantwortung übernehmen (können): Dann braucht es die Offenheit dafür, dass sich manches verändert.
Eine Vielfalt der Jugendpastoral ist gut und wichtig. Zugleich braucht es Momente, in denen Einheit erlebbar ist.
Ja zu einem politischen Engagement! Es soll „evangeliumsgemäß“ sein. Es geht um eine positive Gestaltung, aber auch um Kritik. In Sachfragen können Christen unterschiedlicher Meinung sein.
Ein parteipolitisches Engagement hat in der Jugendpastoral keinen Platz; sehr wohl ein sozial- bzw. gesellschaftspolitisches Engagement: Aber auch ein kirchenpolitisches Engagement soll – im Dialog, in Diskussionen – zur Weiterentwicklung beitragen.
Beim Thema „Missbrauch“ wird hingewiesen auf die Rahmenordnung der Österreichischen Bischofskonferenz bezüglich Prävention und Umgang bzw. Aufarbeitung in Bezug auf Missbrauch.
Es zeigt sich eine Kulturänderung. Etwa werden Veranstaltungen bezüglich Prävention vorweg geprüft.
Bezüglich „missionarisch“ gibt es sehr unterschiedliche Verständnisse. Jugendpastoral ist missionarisch. Sie hat eine Sendung, eine Mission. Sie muss wissen, wozu sie da ist.
Blitzlicht - Alltag statt Abtauchen – Jugendliche und digitale Netzgemeinschaften
Jugendliche können sich stundenlang mit ihrem Smartphone beschäftigen. Sie wachsen in der digitalen Welt auf. Online und offline verschmelzen.
Die wichtigste Freizeitbeschäftigung bleibt jedoch das Treffen mit Freund/innen, mit Familie … Auch in ihren Netzwerken haben sie (vor allem oder ausschließlich) Kontakt mit persönlich Bekannten.
Digitale Medien gehören zum Alltag von Jugendlichen. 98% haben ein Smartphone.
82% nutzen es zum Lernen. Dabei sind Inhalte, die Wissensvermittlung mit Unterhaltung verbinden, wichtig. Während der Pandemie ist die Nutzung von Unterhaltungsplattformen gestiegen. Ebenfalls während der Pandemie sind Beschäftigungen zu Hause beliebter geworden (Backen, Basteln, ...)
98% nutzen WhatsApp. Steigend ist die Nutzung von TikTok, Youtube, Instagram, Snapchat; fallend ist Facebook. Im Kommen scheint Discord.
Die meisten Jugendlichen konsumieren, folgen Influencern und Channels, reagieren schnell … Nur wenige gestalten.
In Social Media ist „alles“ für alle zugänglich …
Eine Gefahr ist z.B. Cybermobbing, wovon Jugendliche vermehrt betroffen sind. Das erfordert einerseits Prävention, andererseits Verdeutlichung, wie man reagieren kann (Anzeige, …).
Kompetente kirchliche Präsenz in Social Media ist sehr ausbaufähig; z.B. auf der Linie der Katholischen Jugend Wien … (siehe: www.katholische-jugend.at )
Grundsätzlich:
Erwachsene sollen Interesse zeigen für das, was Jugendliche interessiert, womit sie sich (medial) befassen. Es gilt, die Lebenswelt der Jugendlichen ernst zu nehmen.
Informationen zum verantwortungsvollen Umgang mit Plattformen sollen genutzt werden.
Auf den Rat von Jugendlichen hören, gemeinsam „Richtlinien“ formulieren.
Es sollen Plattformen gefördert werden, die Datenschutz-konform sind.
Und: Erlebnispädagogische Alternativen zum digitalen Angebot sind für die Jugendpastoral interessant!
Medienpädagogik ist ein Dienst an, mit und durch junge Menschen. (Und Begleiter/innen lernen vielleicht selbst am meisten.) Die Vermittlung von Medienkompetenz ist eine jugendpastorale Aufgabe, Medienkompetenz ist ein Ziel der Jugendpastoral.
Konkret bringen Jugendliche ihre Expertise ein, können ihre Lebenswelt mitgestalten; die Begleitung Erwachsener, die hier Einblicke in diese Lebenswelt erhalten, hilft zu reflektieren.
Blitzlicht - „Christus will, dass Du lebendig bist“ – Die eigene Berufung finden und leben
Prof. Dr. Katharina Karl
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Was ist Berufung?
Bis ins 16. Jahrhundert konnte jeder Beruf als Berufung verstanden werden.
Berufung ist ein Existenzial des Menschseins (Karl Rahner)
Berufung ist differenziert zu sehen als Berufung zum Christsein sowie in spezifischeren Berufungen (Hans Urs von Balthasar)
Das Zweite Vaticanum fokussierte Berufung sowohl als „Berufung aus der Taufe“, als auch als Berufung zum Menschsein (Gott hat jeden Menschen berufen, seine Würde zu entdecken und danach zu leben).
Eine Berufung zum Christ-sein entwickelt sich als dialogisches Geschehen zwischen Gott und Mensch. Sie ist ausgerichtet auf eine Berufung zur Heiligkeit, zur „Vollkommenheit“, die in der Liebe besteht.
Menschen erleben Spannungsfelder in ihrer Berufungsfindung: zwischen Freiheit und Notwendigkeit, zwischen Eigenem und Fremdem, zwischen Vermittlung und Unvermitteltheit.
Junge Menschen deuten ihre Berufungsentscheidung z.B. als Leben für Gott, als Gefühl/Erfahrung von Geführt-sein, als Sinnerfahrung, als Dasein für andere …
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Impulse der Jugend-Synode (siehe: Christus Vivit)
Alle Jugendlichen sind berufen
Der Berufungsbegriff ist vielschichtig und mehrdimensional (siehe CV Kapitel 8 und 9)
Freiheit ist das Ziel der gewählten Berufung
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Konsequenzen für die Begleitung junger Menschen (siehe das Dokument der Deutschen Bischöfe)
Voraussetzung für Begleitung: Beziehung, Vertrauen, Zuhören, Zuwendung, Zeit haben …
Gemeinsam das Leben deuten (Wirklichkeit wahrnehmen)
Zum nächsten Schritt der Lebendigkeit begleiten (Chancen finden) – siehe Christus Vivit 272
Wege in die Freiheit finden (Berufung wählen) – siehe Christus Vivit 297
Blitzlicht - Identitätsarbeit junger Menschen zwischen Selbst-Sein, Anders-Sein und Besser-Sein
Prof. Dr. Martin Dürnberger
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Christ/innen sind füreinander JETZT Christus (vgl. Cyprian von Karthago).
Papst Franziskus betont in Christus Vivit, dass dies auch und besonders für junge Menschen gilt, und zwar für ALLE jungen Menschen.
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Was ist das Jetzt der Jugendlichen? In welchen Gegenwarten leben Jugendliche und entwickeln darin ihre Identität? Wie kommen „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ (GS 1) vor?
Werteskala der Millennials:
Be a better version of yourself!
Be yourself!
Be!
Inwieweit gilt dies – mit allen Implikationen – auch heute?
Festzustellen ist, dass manche Werte bleiben (Leistungsbereitschaft grundsätzlich, Selbstverantwortung), andere sich abschwächen (Selbstoptimierung, Konkurrenzdenken), wieder andere verstärkt werden (Wohlbefinden, Zugehörigkeit). Neu erscheint ein deutlicheres Problembewusstsein etwa gegenüber der Umweltproblematik.
Zusammenfassend ist zu beobachten: eine Dialektik des Leistungsprinzips, Regrounding, Ernsthaftigkeit.
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Theologische Anschlussreflexion
Es gibt pastorale Anknüpfungspunkte: z.B. Regrounding, Schöpfungsverantwortung, Work-Life-Balance.
Eine Anregung zur Selbstreflexion: Was verstehe ich unter dem Satz: Ihr seid das Jetzt Gottes – im Blick auf die Jugend?
Jugend fordert heraus; in ihr begegnet eine Herausforderung zur Metanoia; in dem, was Jugend lebt, kann auch ich etwas vom Evangelium entdecken
Wie kann ich anderen die Zuwendung Gottes kommunizieren?
Man kann z.B. „heitere Gelassenheit“ ins Spiel bringen? - etwa nach dem Motto des Schutzpatrons der Jugend (Don Bosco): „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“.
Gebet zur Eröffnung
Lasset uns beten!
Guter Gott,
am Beginn dieser Pastoraltagung kommen wir zu dir und bitten dich:
Sende uns deinen Heiligen Geist, der begeistert und ermutigt.
Öffne unsere Herzen für dich und deine Botschaft,
öffne unsere Ohren, dass wir einander zuhören und voneinander lernen.
Ermutige uns zu missionarischem Denken und Handeln,
so dass wir zum „Jetzt Gottes“ werden und zu Zeug*innen der Frohen Botschaft.
Wir bitten dich für die Kirche Österreichs:
Dass wir mit unterschiedlichsten Charismen und Begabungen Gemeinschaft leben.
Mache unsere Kirche zu einem Ort, der offen ist für die Hoffnungen und Freuden, Sorgen und Nöte von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Mache uns zu einer offenen und vielfältigen Gemeinschaft,
in der Menschen Heimat finden können und deine Gegenwart erfahren.
Wir beten gemeinsam mit Papst Franziskus für die Kinder und Jugendlichen in aller Welt:
Wir bitten Dich,
lass sie mutig ihr Leben in die Hand nehmen,
nach den schönsten und sinnvollsten Dingen des Lebens streben
und stets ein freies Herz bewahren.
Hilf ihnen, begleitet und geführt von weisen und großherzigen Menschen, dem Ruf, den Du an jeden Einzelnen von ihnen richtest, zu folgen,
um ihren Lebensentwurf zu verwirklichen und glücklich zu werden.
Halte ihre Herzen offen für große Träume
und lass sie auf das Wohl ihrer Brüder und Schwestern achten.
Lass auch sie wie den geliebten Jünger am Fuß des Kreuzes stehen,
um Deine Mutter als ein Geschenk von Dir zu empfangen.
Lass sie Zeugen Deiner Auferstehung sein und erkennen,
dass Du lebst und an ihrer Seite bist,
während sie mit Freude verkünden,
dass Du der Herr bist.
(Franziskus)
Amen
Blitzlicht - Bischof Dr. Josef Marketz: Worte der Eröffnung
Das Wort des HERRN erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt. Da sagte ich: Ach, Herr und GOTT, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung. Aber der HERR erwiderte mir: Sag nicht: Ich bin noch so jung. Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen, und was ich dir auftrage, das sollst du verkünden. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin mit dir, um dich zu retten – Spruch des HERRN. Dann streckte der HERR seine Hand aus, berührte meinen Mund und sagte zu mir: Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund.
(Jer 1,4-9)
Liebe Veranstalter/innen und Mitgestalter/innen dieser Pastoraltagung, liebe Teilnehmer und Teilnehmerinnen, darunter, wie ich hoffe, viele junge Menschen!
Lieber würde ich euch jetzt ins Gesicht blicken als in meinen Laptop.
Aber intensive Begegnung geht auch anders, wie wir eben gehört haben. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Gott mit dem jungen Jeremia von Angesicht zu Angesicht spricht, aber dann hören wir Jeremia sagen: „Dann … berührte der Herr meinen Mund und sagte zu mir: Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund.“
Ja, das Wort Gottes kann uns berühren, und unsere Worte können andere auch berühren, sogar auf Distanz. Das ist eine wertvolle Botschaft unserer Glaubensgemeinschaft und an eine Gesellschaft in Corona-Zeiten. Aber: Achten wir gerade in diesen Zeiten auf unsere Worte, dass sie nicht verstören oder gar zerstören, sondern aufbauen und ermutigen.
Das könnte in der gegenwärtigen Situation unser Auftrag sein.
Auf jeden Fall entdecken wir in der biblischen Erzählung, dass Gott sagt: Ich habe eine Geschichte mit dir. Das ist ein Zuspruch, eine Zusage.
In der Berufung des Jeremia wird deutlich: Gott macht Geschichte mit Menschen. Diese Geschichte beginnt lange im Voraus: „ehe ich dich geformt habe im Mutterleib.“ Jeremia ist in eine bestimmte Zeit hineingeboren. Damit gleicht sein Schicksal dem aller Menschen. Wir können uns die Zeit, den Ort, die Familie, in der wir zur Welt kommen, nicht aussuchen. Aber wir dürfen daran glauben, dass es gottgewollt ist, dass Gott mit unserer Geschichte eine Absicht verfolgt. Das bedeutet, dass sich damit ein Auftrag verbindet. Welcher das ist, wird uns vielleicht ein wenig klarer werden in diesen Tagen. Eines ist klar, Gott traut uns etwas zu! Uns allen! Den Älteren, Erfahreneren, aber auch den Jüngeren, den Suchenden und Forschenden.
Der Vorbehalt gegenüber dem Zu-jung-sein wird jedenfalls eindrucksvoll entkräftet. Der gilt nicht. Und das heißt vielleicht: Warte nicht darauf, bis andere zu dir sagen, dass du dran seist. Denn du bist dran, aufgrund deines Alters, deines Wissens und deiner Fähigkeiten.
Das Motto der Tagung ist: „Ihr seid das Jetzt Gottes!“
Gott hat eine Geschichte mit euch und er will mit euch Geschichte machen: die Geschichte unserer Welt, die auch seine Welt ist. Er braucht euch, damit ihr euch einmischt ins Geschehen!
Ich wünsche diesen Beiträgen, dass sie uns Impulse schenken, die uns allen, Jungen und Älteren helfen, unsere Bestimmung besser zu erkennen und in der Jetztzeit in der Kirche zu Propheten für die Völker zu werden.
Blitzlicht Technik
Schon am Vortag der Tagung treffen wir uns vor Ort, um stundenlang alles durchzusprechen und zu proben. Wir sind zehn Personen: Technik, Moderation, Organisationsteam: alle mit Maske (außer wenn die Moderation spricht).
Es geht um die Vorbereitungen im Raum, Stromanschlüsse, Bühnengestaltung, Bild (Kameraeinstellungen), Ton, Mikrophone, Vermeidung von Rückkopplungen usw.
Vor allem geht es um die Übergänge zwischen live-Moderation und live-Vorträgen bzw. Gesprächen sowie den vorproduzierten Beiträgen wie Referaten, Podcasts, Slideshow, Musik, Folien …
Es ist ein sehr konzentriertes, kooperatives Arbeiten in guter Atmosphäre. Und das ist eigentlich „typisch“ für eine Österreichische Pastoraltagung.